Die Janus Restauration
Den
Kleinen Groß Restaurieren.
Die
Vorgeschichte:
Oldtimer!
Das ist ein tolles Hobby, dachte ich, aber wer kann sich das schon leisten?
Diese Frage stellte ich mir immer wieder. Die herrlichen Modelle und Formen
von damals, jedes der einzelnen Fahrzeuge hatte sein eigenes Gesicht, seinen
eigenen Charakter denn kein Wagen glich dem anderen. Diese Highlights konnte
ich nur im Fernsehen bewundern oder wenn zufällig einer auf der Straße vorbeikam.
Bei
einem Besuch 1994 in Tschechien sollte es diese Frage für mich nicht mehr
geben. In einem Garten sah ich ein Velorex 350 stehen das zum Kauf angeboten
wurde. Für umgerechnet ca. 2.000,- DM wurde ich der neue stolze Besitzer dieses
kuriosen Gefährts. Die Verschönerung war nicht allzu aufwendig. Es war noch
in einem sehr guten Zustand, der Vorbesitzer nutzte es noch jeden Tag zur
Arbeit. Vier bis Fünf Monate Zeit machten es optisch auch wieder schöner,
technisch war es ohnehin in Ordnung.
Im
Endstadium dieser Verjüngungskur machte ich immer wieder die Bemerkung, „der
nächste Oldtimer wird ein Zündapp - Janus“. Im ehrlichen Glauben, daß mir
in den nächsten 10 - 20 Jahren kein derartiges Angebot zu Ohren kommt. Doch
ich sollte mich in dieser Hinsicht gewaltig täuschen, denn im April 1996 habe
ich die Gelegenheit erhalten mir einen Zündapp - Janus anzuschaffen. Im „Markt“
las ich eine zweizeilige Anzeige, die mir meinen Traum verwirklichen sollte.
Nach einem Anruf beim Anbieter (Josef Graf) stellte sich heraus, daß das tolle
Angebot schon weg war. Aber ich sollte dennoch nicht leer ausgehen wie mich
mein Gesprächspartner wissen ließ. Er habe neben dem schon verkauften Exemplar
noch zwei, die zwar nicht mehr in so gutem Zustand sind, doch man könne aus
den beiden schlechten noch einen brauchbaren guten machen, ich solle halt
mal vorbeikommen und sie mir anschauen.
Gesagt,
getan, am darauffolgenden Wochenende fuhr ich dann in die Nähe von Kaufbeuren.
Als ich auf den Hof eines Bauernhofes kam, sah ich die „guten Stücke“, mir
stockte der Atem. Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Josef hatte ich
noch ein paar Tage Bedenkzeit und nach langen grübeln, hin- und her überlegen
faßte ich einen Entschluß. Der Janus
mußte her, und so wurde ich stolzer Besitzer eines "Zündapp Janus".
Zu
diesem Zeitpunkt machte ich mir über die Restaurierung noch keine Gedanken,
ich wußte noch nicht einmal wo und wie ich anfangen sollte, da der Zustand
mehr als erbärmlich war. Das einzige was ich wußte war, der Spaß soll die
zehntausend Mark Grenze nicht übersteigen.
Die
Restauration:
Nachdem ich die einzelnen Teile, die mal wieder ein fahrbereites
Auto werden sollen zu Hause hatte, verteilte ich das Ganze bei verschiedenen
Bekannten in der ganzen Nachbarschaft, da mir die geeigneten Räumlichkeiten
für eine Restauration fehlten. Erstmal fing ich mit den Teilen an, die ich
identifizieren und im Keller unterbringen konnte. Ich zerlegte Vorder- und
Hinterachse, Bremstrommeln, Stoßdämpfer und alles was sich auseinander nehmen
lies. Viele Teile mußten erst einige Tage in Kriechöl „einweichen“, bis sie
schließlich doch nachgaben und sich zerlegen ließen.
Dank
der mir jetzt zu Ohren gekommene "Interessen Gemeinschaft Janus",
erhielt ich Adressen von Leuten die schon mehr Erfahrung mit der Wiederherstellung
von „derartigen Fahrzeugen“ oder Teilen davon hatten. Meine Nachforschungen
ergaben, daß auch verschiedene Blechteile, wie Radläufe, Abschlußbleche, Gummidichtungen
oder Reparaturkits zum Beispiel für die Stoßdämpfer oder die Bremsanlage noch
aufzutreiben sind. Mit einer gehörigen Portion Euphorie und Tatendrang bestellte
ich erst einmal das aller nötigste.
Auch für den Motor wurde ein guter Platz für die Wiedergeburt
gefunden, dieser war zwar ca. 800 Km weit entfernt, doch ich scheute keine
Mühen, ihn persönlich nach Holland zu bringen. Dort empfing ihn schon ein
IG Mitglied der sich auf den Janusmotor spezialisiert hat. Sjoerd ter Burg
der absolute Janus Spezialist, besitzt sämtliches Spezialwerkzeug das zum
zerlegen und wieder Zusammenbau des Motors unbedingt notwendig ist. Nach einer
guten ¾ Stunde war der Motor in seinen Einzelteilen zerlegt und die Diagnose
stand fest, eine Grundüberholung war dringend erforderlich. Die größte Aufmerksamkeit
galt der Kurbelwelle. Sjoerd meinte, wenn das Pleullager keine Beschädigung
aufweist, dann kann man die Welle wieder reparieren. Zum Glück stellte sich
heraus, daß nur das Rollenlager am Ende der Welle mit Rostnarben leicht beschädigt
war. Durch abdrehen und aufpressen eines neuen Lagerringes kann man das Lager
aber wieder herrichten. Hätte das Pleullager einen Schaden aufgewiesen, hätte
man keine Chance mehr gehabt die Welle zu retten. Die Kurbelwelle war damals
eine Sonderkonstruktion von Zündapp selbst, die in einem Stück geschmiedet
war und ein geteiltes Nadellager im Pleulfuß hat. Einen Ersatz gibt es heute
nur noch mit viel, viel Glück bei irgend jemand, der vielleicht einen alten
Motor noch herumliegen hat. Auch alle Lager wollte er erneuern und den Motor
komplett neu einstellen.
Nachdem
die Kleinteile wieder zu Hause so gut wie möglich zerlegt waren, verbrachte
ich Stunden um Stunden vor einer Sandstrahlkabine. Und das Resultat konnte
sich sehen lassen. Die gestrahlten Teile kamen sofort zum Lackierer, damit
der Rost keine zweite Chance mehr bekommen konnte sich neu bilden zu können. Was ich dann beim Abholen der ersten
Teile sah, übertraf meine kühnsten Erwartungen. Aus einem Stück „Rost“ oder
„Alteisen“, entstand doch tatsächlich wieder ein Neuteil. So sammelte ich
jetzt Neuteil um Neuteil für die Wiedergeburt meines Zündapp Janus 250.
Die Wiederherstellung der Fahrzeugkarosserie stellte mich vor
das größte Problem, da ich weder den besagten Platz, noch die benötigten Werkzeuge
hatte. Doch Hilfe kam über unseren Dachauer Oldtimer Club, dort erfuhr ich,
daß sich im Dachauer - Hinterland eine KFZ Werkstatt auf den Umbau von Fahrzeugen
zum Cabrio und Sonderanfertigungen aller Art spezialisiert hat. Dort sollte
auch mir weitergeholfen werden.
Mittlerweile
war es schon November geworden und ich konnte mein gutes Rostiges Etwas in
einem eigenen Raum der Werkstatt abstellen. Beim vorsichtigen Zerlegen der
Karosserie brauchte ich gute drei Wochen. In dieser Zeit habe ich auch einige
Hilfsmittel angefertigt, damit der Janus nicht in sich zusammenfallen konnte,
je mehr man von ihm herausschneidet. Durch das Einschweißen von Längs - und
Querträgern wurde die Stabilität erreicht, die zum gefahrlosen Arbeiten an
der gesamten Karosserie notwendig war. Die Halterung der Vorderradschwingen
gestalteten sich besonders schwierig, denn sie waren kaum noch vorhanden,
doch es gelang mit einer besonderen Vorrichtung die ursprüngliche Lage zu
rekonstruieren und die neuen Aufnahmehalterungen neu zu fixieren. Auch von
den Bodenblechen und den inneren Radläufen war bis auf die Rundungen
nichts mehr zu gebrauchen. Für den Motorausschnitt fertigte ich ebenfalls
eine Lehre an, damit der Motor auch wieder an die richtige Stelle kommen konnte.
Kurz gesagt, der komplette Unterbau meines Janus war nicht mehr zu gebrauchen
und mußte erneuert werden.
Nachdem
nun das ganze Wrack soweit zerlegt war, daß kein Stück mehr abgeschraubt werden
konnte, kam es zum Sandstrahler der dann seinen Beitrag dazu gab, dem Rost
zu Laibe zu rücken. Nicht der kleinste Teil wurde ausgelassen, und so bekam
ich ein völlig rostfreies Etwas zurück. Man konnte aber noch nicht von einer
Karosserie sprechen, denn an allen Ecken und Enden hingen zerfranste Blechteile
herum, ganze Blechpartien fehlten, und die Seitenteile wahren dermaßen verzogen,
daß sie wie Schmetterlingsflügel nach außen gebogen waren.
Als
nächstes machte ich mich als „Schreiner“ an die Arbeit. Ich fertigte aus einer
Pressspanplatte mit Hilfe einer Fräsmaschine die Form der beiden Bodenbleche
an. Über diese Platte kam ein Tiefziehblech und dieses bearbeitete ich dann
Stunde um Stunde mit Hammer und Keil, um die notwendigen Sicken zu schlagen,
die dem Blech zum einen die nötige Festigkeit zu geben, zum anderen wieder
den Originalzustand herstellen sollte. Die Anfertigung der inneren Radläufe
gestaltete sich genauso zeitaufwendig wie die Bodenbleche. Da diese Teile
bei keinem Händler mehr zu bekommen sind, ging ich daran mir aus einem Stück
Blech die benötigte Form zu schneiden, und diese dann mit dem äußeren Radlauf
zu verbinden. Da mir die Vorstellung fehlte, wie dies fertig aussehen sollte,
unterstützte mich Robert bei den einen oder anderen Ungereimtheiten sehr.
Robert ist einer der Geschäftsführer der Firma R&R in Überacker, wo sich
die ganze Unternehmung abspielte.
Wir
schrieben mittlerweile März 1997. Die Zeit verging wie im Fluge, doch unter
Zuhilfenahme einer beträchtlichen Anzahl von Urlaubstagen die ich am Stück
nehmen konnte, wurde aus meinem „Rost“, doch ein (für mich) kleines Kunstwerk.
Jetzt konnte man wieder die ursprüngliche Form erkennen, die wieder einem
Janus gleichsah.
Der
nächste Abschnitt der Wiedergeburt meines Janus, war der Karosserieverschönerung
gewidmet. Ich lernte jemanden kennen, der sehr gute Arbeit im Umgang mit Spachtel
und Schleifpapier hatte. Also verfrachtete ich mein gutes Stück auf den Hänger
und ab ging es in die nächste Werkstatt. Diese Arbeit konnte und wollte ich
nicht selber machen, den davon fehlte mir noch das nötige Feingefühl, das
man braucht um eine perfekte Fläche hin zu bekommen. Man muß sich vorstellen,
daß es beim Janus keine kurzen Flächen gibt, wie es ein „normalen“ Auto hat.
Da gibt es Türen oder Kannten bei denen man einen Absatz machen kann. Diese
kleinen Hilfen fehlen bei einem Fahrzeug wie dem Janus, dessen Seiten von
vorn bis hinten, ganze 2,98 Meter, in einer einzigen Fläche laufen.
Da
das Großereignis dieses Jahres, das Treffen zum 40. Geburtstag des Janus immer
näher rückte, konnte ich es kaum mehr erwarten, mein nun schon wieder kompaktes
Gefährt zum Lackierer zu bringen. Dort mußte (durfte) ich ebenfalls wieder
selbst mit anpacken, um die Kosten, die sich nun schon in Dimensionen über
20.000,- DM bewegten, doch noch drücken zu
können.
Nach
einer Woche Arbeit in einer Autolackiererei hatte meine kleine Blechkarosse
die richtige Farbe angenommen (Douglasgrün und Gletscherblau). Schnell nach
Hause in die Garage und das Fahrwerk dran und ab nach Nürnberg so dachte ich,
die Rechnung ging aber nicht auf. Am Vortag der Abreise zum Janustreffen hatte
mein Janus weder Front- noch Heckscheibe, keine Seitenscheiben, keine Bremsen
und der Motor fehlte auch noch, also nichts, wo ich sagen konnte es ist wieder
ein Auto. Ich beschloss ohne Janus zum Treffen zufahren.
Wieder
zu Hause brauchte ich noch ca. 3 Wochen um die fehlenden Arbeiten durchzuführen.
Am 09.09.1997 fand die Jungfernfahrt statt. Es war wieder ein echter „neuer“ Janus, das Werk war vollbracht.
Die
Restauration meines Oldtimer hat mir sehr viel Spaß und Freude bereitet, ich
habe auch sehr viel aus verschiedenen Bereichen des KZF – Baues gelernt, würde
mir aber die Arbeit aus finanzieller Sicht nicht noch mal antun.
Die
reinen Materialkosten gingen mit rund 30.000,- DM in die Restauration ein,
noch nicht mitberechnet sind ca. 1.000 Arbeitsstunden die ich geleistet habe.
Wer
seinen oder einen Janus herrichten und wiederbeleben möchte braucht natürlich
Unterstützung, diese kann er über die IG bekommen. Es findet sich immer jemand
der mit Rat oder Tat helfen kann.
Erwin
Reißberger